Veröffentlicht am 30.05.2015, Autor T.R.

Sie lügen wie gedruckt

Woher stammt dieses geflügelte Wort „lügen wie gedruckt“? Verschiedene Angaben zur Herkunft könnten unterschiedlicher nicht sein, z.B. „Wer wie gedruckt lügt, der lügt so gut, dass man seinen Worten ebenso vertraut wie dem gedruckten Wort.“ (Die Seite mit Käpt'n Blaubär, WDR, siehe wdrmaus.de/ kaeptnblaubaerseite/salon/luegen_ redewendungen.php5 [Stand 22.05.2015]). Dagegen: „Daher verwenden wir die Redewendung "der lügt ja wie gedruckt", wenn jemand nicht nur eine kleine Notlüge erzählt hat, sondern offensichtlich schwindelt, dass sich die Balken biegen.“ (Redewendung des Tages: Lügen wie gedruckt. siehe wissen.de/redewendung/luegen-wie-gedruckt- 2014-03-22 [Stand 22.05.2015]). Genaugenommen ist das aber kein Widerspruch. Denn Jemand kann durchaus lügen, daß sich die Balken biegen, als auch Vertrauen genießen.

Genau das war das Thema der „Rotfuchs“-Veranstaltung „Sie lügen wie gedruckt. Wir drucken, wie sie lügen“, Refe- rent: Dr. Arnold Schölzel, Chef- redakteur der Zeitung „junge Welt“, am 09.05.2015 in der Drogenmühle Heidenau. Er bezog sich mit dem Thema auf den Wahlspruch der Zeitung, welche zugegeben nicht fehler- frei ist, aber die einzige für eini- germaßen intelligente Men- schen lesbare Tageszeitung in der B'R'D. Sie liefert nicht nur ergänzende und korrigierende Informationen zur gleich- geschalteten Regimepropaganda von FAZ über Die Welt bis hin zur BILD, sondern betreibt noch ernsthaften Journalismus, ist vom Spektrum her fast als Tageszeit- SCHRIFT zu bezeichnen und deshalb die einzige Zeitung der B'R'D, welche ständig Auflage- und Abonnentenzuwächse ver- zeichnet – und zwar ohne Zuschüsse aus kommerzieller Werbung, anderen Unter- nehmensbereichen oder staatlichen Zwangsabgaben wie die Machwerke der privatkapitalistischen und staatlichen Volksverblödungsindustrie.

Wie diese durch Verschweigen, Teilinformationen unter Auslassung wesentlicher Details, verallgemeinernde Darstellung von Einzelfällen, Einengung auf staatlich erwünschte Themen, Verzerrung und Veränderung von Begriffsbedeutungen, manipulative Wortwahl und in vielen Fällen einfach Lügen Gedanken, Einstellungen, Verhalten und Handlungen der Bevölkerung steuern, legte Arnold Schölzel überzeugend dar. Und auch, daß diese Manipulation durch die Medien eine lange Geschichte hat, ebenso wie deren häufiges Bekanntwerden von der Mehrheit der Bevölkerung einfach ignoriert, verdrängt oder verleugnet wird.

Er verwies auf den Zweiten „Unabhängigkeitskrieg“ der USA gegen Cuba, welches damals noch spanische Kolonie war, von 1895-1898. Das US-Kriegsschiff „Maine“ explodierte im Hafen von Havanna. Unter dem Leitspruch „Remember the Maine, to hell with Spain!“ machte die US-Propagandamaschinerie die US-Bevölkerung kriegsbereit und los ging's. Dieses Muster ist also nicht neu, aber schon gar nicht veraltet. Ob nun die Versenkung der Lusitania, der Überfall auf den Sender Gleiwitz, der Tonkin-Zwischenfall, der WTC-Anschlag, die irakischen Massenvernichtungswaffen oder die derzeitigen Verbrechen des nicht nur von den USA aktiv aufgebauten und geführten IS in Syrien – jeder imperialistische Aggressionskrieg beginnt mit großen Lügen.

Die B'R'D macht da als einer der aggressivsten und reaktionärsten imperia- listischen Staaten selbstverständlich alles Andere als eine Ausnahme. Ihren ersten Aggressionskrieg begann sie 1999 gegen Jugoslawien unter Anderem aufgrund des „Massakers von Srebrenica“.

Heute reicht aber oft schon die pauschale Behauptung einer „humanitären Katastrophe“ oder von „Terrorismus“, um in einen neuen Krieg zu ziehen und irgendwo auf der Welt paarhunderttausend oder -millionen Menschen zu ermorden, die Infrastruktur zu vernichten, Staat oder Region zu destabilisieren oder eine Marionettenregierung einzusetzen.

Aber selbstverständlich betreffen die allgenewärtigen Lügen nicht nur Kriege. Nehmen wir ein paar Beispiele sinnverdrehter Begriffe: Sie begannen nicht erst mit dem völlig unzutreffenden „Arbeitnehmer“ für einen Lohnarbeiter, der einem Ausbeuter („Arbeitgeber“) seine Arbeit verkauft, ihm also gibt, damit der daran schmarotzen kann – was schon Friedrich Engels kritisierte, so alt sind die Lügen schon. Die Faschisten benannten die Errichtung ihrer offenen Terrorherrschaft gleich mit drei Lügen: „national“-„sozialistische“ „Revolution“. Im personellen und ideologischen Nachfolgestaat B'R'D gilt selbstverständlich bis heute die von Goebbels verordnete Sprachregelung „Nationalsozialismus“. Oder: heute das Wort „Reform“ in der Staatsjournaille gebraucht wird, bedeutet das mit absoluter Sicherheit eine Verschlechterung der Lebensverhältnisse, Bildung, Sozialleistungen, Gesundheitsversorgung oder irgendein anderes neues oder vergrößertes Verbrechen der Herrschenden und ihrer regierenden Marionetten an der Bevölkerungsmehrheit. „Sicherheit“ ist zum Synonym für Überwachung, Gängelung und Abbau der (wenigen) Bürgerrechte geworden. Kritiker sind „linke Chaoten“ oder „Krawalltouristen“ (letzterer Begriff trifft hingegen für die gewaltgeilen Prügeltruppen in Uniform zu, aber die werden nicht so genannt). Und ich setze das 'R' in B'R'D nicht umsonst in Anführungszeichen, steht es doch für Republik, von „res publica“, also öffentliche Sache oder Sache des Volkes. Dieser Staat ist aber eine Sache des Finanzkapitals und seiner beliebig austauschbaren politischen Marionetten.

Manche Lügen sind aber auch komplexer. Z.B. die Lüge, die B'R'D und ihre Medien hätten was gegen rassistische Volksverhetzung gegen Flüchtlinge und andere Einwanderer, Lynchmob oder faschistische Mörderbanden. Tatsachen sind hingegen, daß die rassistische Stimmung nicht nur mit massiver staatlicher Werbung für Machwerke wie Sarrazins „Deutschland schafft sich ab“ angeheizt wird. Das kann Jeder inzwischen täglich in fast jeder Nachrichtensendung nachvollziehen: Meldungen über unbeherrschbare Flüchtlingsströme oder auch Straftaten durch Ausländer werden immer in die Nähe von Meldungen über rassistische Zusammenrottungen, Angriffe oder Brandstiftungen plaziert. Oft ist noch eine Meldung über Bemühungen um eine bessere „Willkommenskultur“ oder migrantenfreundliche und antirassistische Aktionen eingeschoben. Die einzige Variation besteht in der Reihenfolge. Ich muß das an dieser Stelle nicht belegen; hört Euch einfach eine beliebige Nachrichtensendung der Regime- journaille an. Ob DLF, R-SA oder RTL – das Prinzip ist identisch, nur das sprach- liche Niveau dem erwarteten Hörerkreis angepaßt.

Und da wir gerade bei Flüchtlingen, Einwanderern und den gleichermaßen von nicht offiziell staatlichen wie staatlichen Rassisten geschürten Haß gegen sie sind: Neben inflationären Kochshows, Dschungelcamps, immer neuen Suchen nach Einweg-Eintags-Supersternchen und ähnlichen Hirnverkleisterungssendungen dienen dieser der Ablenkung von wichtigen Problemen, Verbrechen und ihren Ursachen, Verursachern und den unvermeidlichen Folgen.

Kurz gesagt: Sie lügen wie gedruckt und fast ausnahmslos. Da sie alle den gleichen Herren und damit den gleichen Interessen dienen, lügen sie auch sehr ähnlich. Nur dann nicht, wenn sie verschiedene imperialistische Interessengruppen vertreten. Aufgrund der innerimperialistischen Konkurrenz können sich beispielsweise mal die US- oder UK- von den B'R'D-Lügen unterscheiden oder sie – in seltenen Fällen – auch mal als Lügen anprangern und dies belegen. Ich denke da beispielsweise an die Kritik des US-Senators McCain an Merkels Ablehnung von Waffenlieferungen an die Ukraine (siehe focus.de/politik/ausland/sie-hat-keine-ahnung-heftige-kritik-aus-usa-an- merkels-ukraine-mission_id_4457857.html).
Das gilt auch für verschiedene Lobbyverbände innerhalb eines Staates oder einer Region, z.B. im Energiesektor (siehe welt.de/wirtschaft/energie/article140550959/ Juristen-zerreissen- Gabriels-Kohle-Plaene.html). Die Namen der die Konflikte und Lobbygruppen repräsentierenden Politiker sind dabei unerheblich. Wohlgemerkt: Unterschiedliche bis gegenteilige Aussagen bedeuten deshalb noch lange nicht, daß irgendeiner der Beteiligten die Wahrheit sagt, im Gegenteil: Die Widersprüche zwischen Kapitalisten heben ja den Grundwiderspruch zwischen Kapital und Arbeit nicht auf und KEIN bürgerlicher Politiker und KEINE Lobbygruppe vertritt Arbeiterinteressen – und damit auch KEIN Medium der in diesem Sinne einheitlichen Propagandamaschinerie.

Wer also nicht nach Strich und Faden belogen werden und nicht täglich dicke aufgebundene Bären herumtragen möchte, muß sich bei der Quellenauswahl ansehen, wer die Quellen besitzt und wessen Interessen diese Quellen demzufolge vertreten. Dabei gilt das einfache „einer-von-uns“-Prinzip. Wer sich zu den Reihen der großen Medienkapitalisten gehörig fühlt (Ihr erkennt das daran, ob Ihr zu Friede Springers oder ihresgleichen Parties eingeladen werdet) oder dem Marionettenstaat des Finanzkapitals (Ihr erkennt das daran, daß Ihr ein Minister- oder mindestens Parlamentariergehalt bekommt) und dessen Medien, ist mit BILD, WELT, FAZ, SZ und Konsorten gut bedient. Wer aber weiß, daß er Lohnarbeiter ist, sollte sich nach alterativen Informationen umsehen, welche von Seinesgleichen für Seinesgleichen gemacht werden. Oder einfach von Leuten, denen die fehlenden und falschen Information der Regimemedien zum Hals heraushängen und die sich den Idealen der bürgerlichen Aufklärung verpflichtet fühlen.

Sicherlich ist die „junge Welt“ als einzige fortschrittliche Tageszeitung in der B'R'D die beste Wahl unter den Druckmedien und zudem online verfügbar (die meisten Artikel dort sogar ohne Abo), aber insbesondere im Internet existieren massenhaft Informationsangebote unterschiedlicher Themenspektren und Qualität.

Allerdings existieren im Internet alle möglichen Informationen, von offen auftretenden Faschisten bis hin zu sich kritisch, antifaschistisch und / oder antikapitalistisch gebenden Seiten verschiedenster Wirrköpfe, Sekten oder einfach bezahlter Auftragsschreiberlinge, welche Menschen auf der Suche nach Informationen auf verschiedenste Irrwege lenken wollen.

Wie soll man dies erkennen und unterscheiden? Einfacher, als auf den ersten Blick zu befürchten ist: Lügen stehen immer in sich und / oder zum Beobachtbaren im Widerspruch. Lügner liefern einfache und nur bei äußerst oberflächlicher Betrachtung zustimmungsfähige Aussagen („Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg.“ oder „Höhere Lebenserwartung erfordert längere Lebensarbeitszeiten.“), erklären aber nichts und halten keiner logischen Überprüfung stand. Zudem arbeiten Lügner gern mit immergleichen demagogischen Tricks, welche bei einiger Übung leicht erkennbar sind (eine Auswahl dieser Tricks ist hier zu finden:  bamberg.gwup.org/links/irrtum.html).

Außerdem haben die Lügner und ihre Auftraggeber noch ein Problem: Ihr Regime wird immer asozialer, kriegstreiberischer, rassistischer, menschenfeindlicher und zerstörerischer. Es treibt immer mehr Menschen in die Armut – und das nicht nur hier. Die USA, die B'R'D und ihre militärischen und wirtschaftlichen Terrororganisationen NATO, EU, Weltbank usw. treiben immer mehr Menschen durch Vernichtung ihrer materiellen Lebensgrundlage oder direkte Lebens- bedrohung aus ihren Heimatländern. Die Lügen darüber müssen zwangsläufig immer absurder werden – und immer öfter und leichter selbst von denen zu erkennen, welche sie bisher glaubten.

Daß die Regimemedien nicht nur von Zeit zu Zeit, sondern bei allen wichtigen gesellschaftlichen Themen immer und immer dummdreister lügen, muß als selbstverständliche Tatsache im Bewußtsein immer größerer Bevölkerungsteile verankert werden (so wie bisher ihre Lügen). Dazu muß Jeder, der auf Lügen und darauf aufbauende Vorurteile stößt, diese aufdecken und richtigstellen (naja, nicht unbedingt, wenn er allein auf eine Horde Faschisten stößt).

Erst, wenn eine allgemein verbreitete Erkenntnis ist, welch unwürdiges Leben Lohnarbeiter in diesem Regime führen und daß dies im Kapitalismus niemals anders sein kann, werden sie bereit sein, sich für Veränderungen zu interessieren und zu engagieren. Ein häufiges „Argument“, warum nicht mehr Menschen gegen den Kapitalismus und die Verbrechen kapitalistischer Staaten kämpfen, ist ja, den Meisten ginge es noch zu gut. Tatsache ist, daß sie sich noch belügen lassen, wie gut es ihnen angeblich geht, ebenso wie die unbegründete Angst vor grundlegenden Veränderungen gezielt geschürt wird, nach denen die Lebensumstände noch schlechter werden könnten. Ebenso ist aber eine Tatsache, daß sich ihre Lebensverhältnisse zwangsläufig weiter verschlechtern, Armut, Krisen und Kriege zunehmen werden, wenn sie selbst keine grundlegenden Veränderungen aktiv herbeiführen. Wie Karl Marx das in „Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung“ ausdrückte: „Es handelt sich darum, den Deutschen keinen Augenblick der Selbsttäuschung und der Resignation zu gönnen. Man muß den wirklichen Druck noch drückender machen, indem man ihm das Bewußtsein des Drucks hinzufügt, die Schmach noch schmachvoller, indem man sie publiziert. Man muß jede Sphäre der deutschen Gesellschaft als die partie honteuse |den Schandfleck| der deutschen Gesellschaft schildern, man muß diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, daß man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt! Man muß das Volk vor sich selbst erschrecken lehren, um ihm Courage zu machen.“

Sie lügen wie gedruckt. Laßt uns sagen, schreiben, drucken, singen, spielen und zeichnen, wie sie lügen!